Meine besten Kolumnen und mein USA-Reisetagebuch habe ich bei Lulu.com selbst verlegt. Ich bin dem Internet sehr dankbar für die Demokratisierung der weltweiten Veröffentlichungsmethoden. Das Geschäftsmodell von Lulu ist ziemlich klar: die Autoren machen vom Text übers Cover bis zum Marketing alles selbst, sie sind sogar meistens die einzigen Käufer der Print-Erzeugnisse. Lulu hat also einmal in die Technik gestellt, bietet einen minimalen Support und verdient an der Marge, denn billig sind die selbstverlegten Machwerke ja nicht gerade. Es geht aber noch schlimmer: der VDM Verlag hat meine Magisterarbeit verlegt, kostenlos zwar für mich, aber ein eventueller Käufer müsste 49 Euro für 104 Seiten berappen. Das ist absolut verrückt. Da stellt sich natürlich die Frage, was hat der Verlag davon? Er verlegt einen sicher nicht besonders ausgereiften Fachtext, zahlt alles selbst und kann sich sicher sein, dass niemand diesen Text kaufen wird, dass also das Geld nicht zurück kommen wird. Um dazu näheres zu erfahren habe ich zum einen Wilhelm Frieling, ein Urgestein aus dem innovativen Verlagsgeschehen, befragt und zum anderen eine Dankeschön-E-Mail an den VDM Verlag geschrieben:
Sehr geehrte Frau B...,
vielen Dank, die Bücher sind angekommen.
Ich bin sehr froh, dass meine Magisterarbeit durch den VDM publiziert wurde. Das Internet und die digitale Entwicklung im allgemeinen hat diese Türen aufgestoßen. Nicht zuletzt darum geht es ja in dem Text, den Sie nun verlegt haben: die textsoziologische Revolution des Publizierens ist viel größer als die literarische der (digitalen) Texte. Nie war es so einfach und preiswert (und damit demokratisch), Texte zu übertragen, zu verarbeiten und konvertieren.
Gleichzeitig bin ich über den Preis der Publikationen Ihres Verlages verwundert. Machen wir uns nichts vor: niemand kauft ein Heftchen (104 S.) mit nicht gerade weltbewegendem literaturwissenschaftlichen Text für 49,- Euro (dafür kriegen Sie im Buchladen einwandfreie Bildbände oder hochwertige wissenschaftliche Literatur). Nicht einmal universitäre Bibliotheken werden sich nach Texten wie dem meinen reißen. Verstehen Sie mich nicht falsch: ich beschwere mich nicht, ich wusste vorher darum und wollte es ausprobieren.
Ich bin nur neugierig und würde als Ihr Autor gern erfahren, worin der Sinn liegt, Bücher zu verlegen, die praktisch nicht verkaufbar sind. Wie bekommen Sie die Kosten wieder rein, die Sie für die Publikationen investieren? Und würden potentielle Kunden nicht eher bereit sein, diese Art Texte für einen angemessenen Preis, sagen wir 10 bis 15 Euro, kaufen?
Noch einmal: vielen Dank für Ihre schnelle Bearbeitung und die nette Kooperation.
Ich freue mich, bald wieder von Ihnen zu hören und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
G... D...
Frau B... vom VDM Verlag hatte dann genauso wie Herr H... auf meine E-Mail (siehe Sa. 8. März - Verlage und Digitaltexte) mit folgendem Standardtext geantwortet:
Verglichen mit anderen Wissenschaftsverlagen sind unsere Preise im Mittelfeld anzusiedeln.
Darüber hinaus ist wichtig zu wissen, dass wir Preisstandards haben, die mit unseren Handelspartnern abgestimmt wird.
Vom Großhandel werden im Wissenschaftssegment generell "hohe" Buchpreise gefordert.
Würden wir in Ihrem Fall davon abweichen, würden wir die Einlistung Ihres Titels bei bestimmten wichtigen Buchgroßhändlern und damit die Verfügbarkeit im Handel gefährden. Die scheinbar naheliegende Rechnung "geringerer Buchpreis = höherer Absatz" ist also falsch, wenn der Titel von bestimmten Ketten wegen des aus deren Sicht zu geringen Preises nicht ins Sortiment aufgenommen wird und damit auch nicht gekauft werden kann. Das macht ökonomisch für Sie als Autor und für uns als Verlag keinen Sinn.
Auf mein Nachhaken hin, ob es nicht auch darum ginge, Bücher unverlangt an Bibliotheken zu senden und zu verkaufen, teilte sie mir mit: Im Gegenteil sind wir eher daran interessiert einen guten, auf seriöser Basis stehenden Kontakt zu Universitätsbibliotheken zu halten, da diese meist über genügende Informationen über mögliche gute Abschlussarbeiten besitzen, die wir für unser Verlagsprogramm in Betracht ziehen können. Es wäre daher von unserer Seite "unklug", es sich mit den Bibliotheken auf so eine Art und Weise zu "verscherzen".
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